Corona Diary – Geschichten aus der Isolation (gesammelt)
Tag 3
Die Kinder wollen sich einfach nicht an die präventiven Maßnahmen halten. Ständig hängen sie in unserer unmittelbarer Nähe ab und scheuen auch vor Körperkontakt mit uns Eltern nicht zurück. Von Social Distancing keine Spur! Wie sollen wir da in Ruhe unseren Netflix-Verpflichtungen nachkommen? Auch Homeschooling ist nicht mehr das, was es früher war. Schon nach 10 Minuten wollten sie nicht mehr Schule spielen und wir mussten uns schon wieder um sie kümmern. Die ständige Nähe zu den Nächsten geht mir mit Abstand näher als der Abstand zu all den anderen Menschen. Wie soll das nur weitergehen?
Tag 4
Heute war okay. Konnte meinen Beitrag als Systemerhalter leisten, in dem ich Stadtlandschaften (nachhaltiger Holzbau!) erschaffen, bedrohten Tierarten Unterschlupf gebaut und eine Eisenbahnlinie quer durchs Wohnzimmer verlegt habe. Auch die Badezimmerlampe, die seit 12 Jahren ihr Dasein als Draht mit Glühbirne fristet, wurde heute erlöst und mit einem Schirm ausgestattet. Heimwerken statt Heimarbeit quasi. Die wahren Profiteur*innen dieser Krise werden rückblickend die Wohnungen sein. Beim wahnsinnsvorbeugenden Waldspaziergang dann vier Bekannte getroffen und trotz Sicherheitsabstand (Social Distance = eine Astlänge) mehr erfahren, als mir lieb war. Jetzt noch einen schnellen Quarantini und ich kann mich entspannt von den vorüberziehenden Panikattacken in den Schlaf wiegen lassen.
Tag 5
Langsam macht sich der Wahnsinn bemerkbar. Das kleine Kind hat heut vehement verlangt, etwa neun Monate zu früh, Geburtstag zu feiern (“Eh nur im Spiel”). Trotz eingepackten, re-used Geschenken und Happy Birthday gab’s dann noch einen major breakdown, weil ich das schöne Paprikastück gegessen hab, das so hübsch nach einem Schraubenzieher ausgesehen hat. WTF! Zwischen den 8 Runden “Kampf um Hogwarts”, in denen uns Lucius Malfoy immer wieder extrem nervig dazwischen gefunkt hat, dann noch alte Bär-Lieder entdeckt, von denen ich ganz vergessen hatte, das es sie gibt. Werde in den kommenden Tagen versuchen, sie nachzuspielen. Vielleicht lässt sich aus der Situation ja doch noch was Gutes herauslocken.
Tag 14
Habe heute eine Stunde gebraucht, um einen einseitigen Artikel zu lesen, was allerdings weniger an meinen mäßigen Lesefertigkeiten gelegen ist, als an den halbminütlichen Unterbrechungen: Wortartbestimmungen, Mathematikübungen, Höhlenbauen oder Ankleidungshilfe bei unwilligen Angehörigen gehen eben vor. Als ich mich dann bei meiner erwachsenen Mitgefangenen darüber beschwert hab, ist mir schlagartig die Nichtigkeit meines Problems bewusst geworden. Sie versucht seit Anfang der Woche den Beitrag zu Ende zu lesen. Jede Realität ist eben relativ.
Tag 35
Tag 39
Okay, ich hab es selbst angezettelt. Hätte einfach nicht fragen sollen. Im heutigen Film sind die Eltern des Protagonistenkindes gestorben und unser Kind (das kleinere) hat darauf bestanden, dass die Mutter (die im Film) nur „uhnmächtig“ ist. Auf meine Nachfrage, ob sie wegen dem anderen verstorbenen Elternteil (im Film) nicht auch besorgt ist, hat sie dann gelacht. „Das ist ja nur der Papa, wegen dem ist niemand traurig.“ Aha!
Tag 40
Ohne Worte.
Tag 41
Tag 42
Tag 43
Tag 49
Tag 50
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Tag 59
Tag 60
Tag 61
Tag 63
Tag 64
Tag 65